Verzeichnis Namen und Leben

 

Ochsenreither Leo

Beruf(e): Fotograf
Geburtsdatum: 21.01.1897
Geburtsort: Leimersheim
Sterbedatum (Todestag): 13.07.1960
Sterbeort: Leimersheim
Begräbnisort: Leimersheim

Eltern: Ochsenreither Lorenz, Landwirt, und Wolf Salomea

Heirat am 20.11.1920 in Leimersheim mit Gundermann Elisabeth * 04.02.1897 in Hördt + 13.08.1973 in Germersheim
Kinder: Gertrud, * 24.09.1921 in Leimersheim, +03.05.1981, oo Leibel Johann Raimund (Hans)
Maria, * 18.03.1923 in Leimersheim, +15.06.1942 (Lungentuberkulose)
Margarete, * 04.07.1926 in Leimersheim, oo Dreyer Eugen
Amanda Elisabeth, * 31.05.1931 in Leimersheim, +28.08.2019 in Germersheim, oo Schwab Hermann III. (Eltern von Manfred, Marianne, Franz, Simone)


Leo Ochsenreither – Malermeister und Fotograf aus Leidenschaft
 
Leo Ochsenreither (1897-1960) war wahrscheinlich der erste Leimersheimer, der gewerbsmäßig die Fotografie betrieb und so dafür sorgte, dass die jüngere Leimersheimer Geschichte auch in Bildern festgehalten wurde. Er war ein Nachkomme des um 1700 aus dem Westallgäu in die Südpfalz eingewanderten Michael Ochsenreither. Bereits sein Großvater hatte offensichtlich Gefallen an Fotos gefunden. Denn schon 1865, also lange bevor Fotografieren zur breiteren Anwendung und schließlich in Mode kam, ließ sich der Ururenkel des erwähnten Stammvaters der südpfälzischen Ochsenreithers mit seiner Familie vor einer Scheunenwand ablichten. Es war Johann Philipp Ochsenreither (1803-1870) mit seiner Frau Eva Barbara, seinen fünf Söhnen und drei Schwiegertöchtern. Einer der beiden damals noch ledigen Söhne war der Landwirt Lorenz Ochsenreiter, der Vater von Leo. Bei dem Familienfoto dürfte es sich um das älteste erhalten gebliebene Foto von Leimersheim handeln.
Möglicherweise entstand das Originalfoto, dessen Verbleib unbekannt ist, im Daguerreotypie-Verfahren. Dabei handelt es sich um eine Fotografie auf einer spiegelglatt polierten Metalloberfläche. Die Daguerreotypie war das erste kommerziell nutzbare Fotografie-Verfahren im 19. Jahrhundert. Sie ist nach dem französischen Maler Louis Daguerre benannt, der das Verfahren mitentwickelt und 1839 veröffentlicht hat. Im Königreich Bayern, zu dem Leimersheim im 19. Jahrhundert gehörte, wurde bereits 1839 mit dem Fotografieren nach dem Daguerreotypie-Verfahren begonnen. In unserer Region warben mehrere Landauer Fotografen ab 1853 mit Werbeanzeigen für die „Photographie auf Metallplatten“ und ihre „Photographische Porträts zu Weihnachts-Geschenken. [..] Die Aufnahme findet auch im Winter auf dem flachen Dache statt und ist in einigen Secunden geschehen. Für Schönheit und Ähnlichkeit der Bilder wird garantiert.“ (Der Eilbote, 31.10.1856)
Leo Ochsenreither war das neunte Kind des Landwirts Lorenz Ochsenreither, der nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Salomea Wolf heiratete.
Geboren im Januar 1897 erlernte Leo den Beruf des Malers bzw. Tünchers. Es darf angenommen werden, dass sein Lehrmeister Josef Schwab (1872-1941) war, der bereits in den 1890er Jahren als Tüncher – wahrscheinlich der erste dieser Profession in Leimersheim – tätig war. Unterbrochen wurden die ersten Berufsjahre durch den Ersten Weltkrieg: Leo wurde als 19-jähriger Rekrut im Mai 1916 eingezogen und nahm bis Ende des Krieges, also bis November 1918, an verschiedenen Stellungskämpfen bei Verdun und in den Vogesen teil. Leo Ochsenreither im Ersten Weltkrieg
Heil ins Elternhaus im Oberdorf zurückgekehrt, heiratete Leo Ochsenreither 1920 die gleich alte Elisabeth Gundermann aus Hördt. Sie wurde von den französischen Besatzungssoldaten, die bei den Ochsenreithers in den Nachkriegsjahren einquartiert waren, Lisseth genannt, was Leo so gut gefiel, dass er sie seither nur noch so rief. Die Nachbarn und Nachkommen kannten sie nur unter diesem Namen.
Und da Lisseth ihren Mann oft mehrfach rufen musste bis er reagierte, haben ihn die älteren Leimersheimer als „LeoLeo“ in Erinnerung. Ob Leo Ochsenreither seinen Spitznamen einer Schwerhörigkeit oder Leidenschaft für seinen Beruf, auf den er sich maximal konzentrierte, zu verdanken hat, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.
In den Jahren 1921 bis 1931 schenkte Lisseth ihrem Leo vier hübsche Töchter. War es die Liebe zur Ästhetik, weshalb Leo spätestens in den 1930er Jahren nebenberuflich als Fotograf tätig wurde? Da er als Malermeister auch mehrere Lehrlinge ausbildete, dürfte er eigentlich genug Arbeit im Hauptberuf gehabt haben. Er war bei seinen Auszubildenden (z.B. „de Dinjer Werner“ alias Werner Boltz, Jahrgang 1934) sehr beliebt, da er nicht nur als Ehemann und Vater ein ruhiger, gütiger und besonnener Mann war, wie seine Enkelin Marianne Schwab aus Erzählungen weiß.
Bis Leo Ochsenreither als wahrscheinlich Erster in Leimersheim das Handwerk des Fotografen gewerbemäßig betrieb, blieb den Einwohnern in der Regel nichts anderes übrig, als zu den Fotografen in umliegenden Ortschaften wie Landau, Germersheim, Hördt und Rheinzabern zu fahren, was ältere Fotografien aus jener Zeit belegen.
Die Aufnahmen mit dem riesigen Fotoapparat wurden überwiegend im Freien gemacht, meistens im Vorgarten der Familie Ochsenreither im Oberdorf.
Für jene, die mit der Nachbarscheune als Hintergrund nicht zufrieden waren, aber auch für schlechte Witterungen, malte Leo Ochsenreither verschiedene Bildhintergründe.
Einen solche Bildleinwand kann man auf einem verunglückten Foto mit Hermann Wünschel, Jahrgang 1920 (Ehemann von Kreszentia Martha Boltz alias Mina Zenz), sehen. Da spitzelte Leos Tochter Margarete, die ihm öfters assistierte, seitlich heraus.
Leo nahm besonders viele Hochzeitsgesellschaften auf, immer im Freien und meistens bei sich im großen Hof im Oberdorf. Einige der Hochzeitsfotos wurden aber auch vor dem Elternhaus von Braut oder Bräutigam geschossen, wie jenes von Leo Ochsenreithers ältester Tochter Gertrud, die 1940 Hans Leibel heiratete. Kriegshochzeiten
Zwei Jahre nach dieser Aufnahme starb Maria im Juni 1942 an Lungentuberkulose. Sie wurde nur 19 Jahre alt. Entsprechend groß war der seelische Schmerz. Half die Fotografie Leo bei der Bewältigung dieses Verlustes?
Leo fotografierte eigentlich alles, worum man ihn bat. Viel im Freien mit Bäumen und Wiesen im Hintergrund, aber auch Kommunionkinder und immer öfters Männer in Uniform bevor sie zum Militär- und Kriegsdienst einrückten oder während eines Heimaturlaubes.
Viele der von ihm abgelichteten Solden kehrten nicht mehr aus dem Zweiten Weltkrieg nach Hause, sodass die Fotos von Leo Ochsenreither von besonderer Bedeutung für die Erinnerung an sie waren und sind.
Typisch für Leo Ochsenreither waren auch Aufnahmen von Personen im Tür- oder im Fensterrahmen wie jene mit den Geschwistern Elisabeth und Otto Schaaf und Margarethe Ochsenreither.
Die Bedienung des großen Fotokastens war nicht einfach, und die Belichtungszeit war für heutige Verhältnisse außerordentlich lang. Entsprechend sorgfältig mussten die Aufnahmen vorbereitet werden, und geduldig musste man sein, wollte man gestochen scharf abgebildet werden. Mit einem „Sou, jetzt awwer fräindlich!“ oder „Guck, gleich kummt’s Vöchle raus!“ schlüpfte der Fotograf schließlich unter sein schwarzes Tuch.
Entwickelt hat Leo seine Fotos selbst in seiner Dunkelkammer im ersten Stockwerk. Er produzierte nur Schwarz-weiß-Bilder, die jedoch heute noch gut erhalten und von großem Wert für die Familien- und Dorfgeschichte sind. Nur wenige wurden koloriert.
Die 30er und 40er Jahre dürften der Höhepunkt im Schaffen des Fotografen Leo Ochsenreither gewesen sein, beginnend mit einem großen Zulauf, als in den 30er Jahren alle Erwachsenen eine sogenannte Kennkarte mit Passbild benötigten, gefolgt von zahlreichen Soldatenbildern neben diversen Aufnahmen von Kommunionkindern, herausgeputzten jungen Damen oder Hochzeitsgesellschaften. Nach dem Krieg kauften sich besonders die Jüngeren Fotoapparate und schossen ihre eigenen Fotos. Der Fotograf im Dorf verlor an Bedeutung.
Wie nicht anders zu erwarten finden sich im Privatarchiv von Leo Ochsenreithers Enkelin Marianne Schwab, Tochter der jüngsten Tochter von Leo, Amanda Schwab geb. Ochsenreither, vor allem sehr viele Familienfotos.


Text und Recherche: Helmut Sittinger
Quellen: Marianne Schwab / Der Eilbote, 31.10.1856
Fotografien: Familienalbum Marianne Schwab

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Verwandtschaft

Vater von: Ochsenreither Gertrud
Onkel von: Schultz Karl
Cousin von: Ochsenreither Johann Philipp

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