Beruf(e):
Schäfer
Spitzname: Grischdel
Wohnort(e):
Oggenhausen
Der Wanderschäfer Christian Majer aus Oggenhausen bei Heidenheim an der Brenz verbrachte mit seiner Schafherde von 1940 bis 1972 die Wintermonate in der Umgebung von Neupotz und Leimersheim.
Wenn auf der Rauhen Alb der erste Schnee fiel, meistens Ende Oktober, machte sich Schäfer Christian mit seinen Schafen auf den Weg. Vor Beginn der Reise bescheinigte das Veterinäramt, dass die Herde von etwa 200 Tieren seuchenfrei ist. Dieses Dokument war zwingend erforderlich, ebenso ein Passierschein. Die weite Strecke in die Südpfalz fuhren der Schäfer und seine Schafe im Güterzug, am Bahnhof in Rheinzabern war dann schon fast das Ziel erreicht.
Im Vergleich zur Rauhen Alb ist das Klima am Oberrhein deutlich milder und es gab hier ausreichend Grünfutter für die Schafe. Außerdem lernte der Schäfer in Neupotz seine spätere Ehefrau kennen. Also genügend Gründe, die Wintermonate in den beiden Dörfern am Rhein zu verbringen.
Tagsüber weideten die Schafe auf Wiesen, unbebauten Äckern und Deichen. Am Abend kehrte die Herde oft zu ihrem Pferch am Schafgartendamm zurück. Als Pferch diente der Grasgarten an der Brücke zum Friedhof, dem Stammplatz des grünen Schäferwagens. Christian Majer wurde von Bauersfamilien und Wirtsleuten oft zum Abendessen eingeladen, er war ein gern gesehener Gast. Auch das Angebot zur Übernachtung bei vielen Gastgebern nahm der Schäfer gerne an, ansonsten schlief er in seinem Wagen bei den Schafen.
Bis Mitte der 1960er Jahre nutze er hin und wieder ein weiteres Grundstück am Schafgartendamm. Die Fläche zwischen Kleiner Gasse und Haus Nr. 9, welches in kälteren Wintern mehr Schutz für die Schafe bot, blieb so manchen Kindern in Erinnerung. Die Schule war zu dieser Zeit noch in der Unteren Hauptstraße und so gingen morgens viele Kinder auf ihrem Schulweg an der Herde vorbei. Während die Schafe noch schliefen, hatten die beiden Hütehunde stets ein wachsames Auge.
Im Frühjahr 1973 machte sich der Schäfer mit seiner Herde und den Hütehunden zum letzten Mal auf den Rückweg von der Südpfalz auf die Rauhe Alb. Die rund 180 km legten sie in fast drei Wochen und mehreren Etappen zurück, selbst die im November geborenen Lämmer waren schon kräftig genug, diese Strapazen gut zu überstehen. Christian Majer hatte auf der Strecke ebenfalls seine festen Bleiben einschließlich Kost und Logie, aber manchmal schlief er auch gerne bei seinen Schafen unter freiem Himmel.
Die Dörfler erinnerten sich noch viele Winter an „Grischdel“, den hochgewachsenen Schäfer in seinem dunklen Lodenmantel, dem großen Wetterhut und Schäferstab.
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Schafgartendamm
Die Berufe: Schäfer
Text und Recherche: Heidi Faßbender (2022)
Quelle: Gerda Reiß
Fotografien: Fotosammlung Franz Pfadt
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