Der Postillion
Nachdem in unserem Dorf endlich eine Postagentur eingerichtet worden war, kam auch die Station der Postkutsche dazu. Mit dem Postwagen konnte man in die Nachbardörfer fahren und bekam an den Bahnstationen auch Anschluß an die planmäßigen Personenzüge. Der Poststall, in dem die Pferde des Postwagens eingestellt waren, wo sie gefüttert und gepflegt wurden, war zuerst in dem Gehöft des Bauers Emanuel Lösch. Später kamen die Postpferde in die Leimersheimer Mühle, wo sich ab 1884 auch die Postagentur befand. Der letzte Postillion war Max Marthaler, der noch im hohen Alter auf diese frühere Tätigkeit mächtig stolz war. Vor ihm saß sein Vater Leopold Marthaler viele Jahre auf dem Kutscherbock des Postwagens. Die ersten Postkutschen sah man in der Kurpfalz bereits in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Der Postillion war eine repräsentative Gestalt, wenn er auf dem hohen Kutscherbock des Postwagens thronte. Mit seinem schwarzglänzenden Zylinderhut, den ein weiß-blauer Federbusch schmückte, seinem hellblauen Frack und den weißen Hosen, die in den hohen Stiefeln steckten, war er eine imposante Figur. Durch das Blasen des Posthorns machte er auf sich und sein Gefährt aufmerksam. [20]
In einer besonderen kgl. Verordnung war 1862 bestimmt worden, daß dem Postwagen alle anderen Fahrzeuge auszuweichen haben. „Als Zeichen zum Ausweichen stößt der Postillion in's Horn und wiederholt dies, wenn nötig ... Wer das Ausweichen unterläßt, wird straffällig". So stand es in den Vorschriften.
Max Marthaler, der bis 1915 Postillion war und dieses Amt nur aufgab, weil er damals als Soldat in den 1. Weltkrieg ziehen mußte, erzählte gerne in weinseliger Runde von seinen Erlebnissen auf dem Postwagen. An jedem Werktag mußte er schon um drei Uhr in der Frühe aus den Federn, denn die Pferde waren frühzeitig zu füttern, damit die Kutsche um vier Uhr fahrbereit war. Er fuhr den Postwagen durch Neupotz nach Rheinzabern. Dort suchte er sich dann einen Schlafplatz, oft war es nur ein Bündel Stroh, auf dem er etwas von der versäumten Nachtruhe nachzuholen versuchte. Dann ging die Fahrtroute auf dem umgekehrten Weg wieder zurück, jedoch nicht, ohne daß vorher die Postsendungen für Neupotz und Leimersheim übernommen worden waren. In der Kutsche hatten sechs Reisende Platz. Am Nachmittag wurde eine zweite Fahrt angetreten. Als Tageslohn bekam er eine Mark.[20a]
Quelle: Ernst Marthaler, Leimersheim - Die Geschichte eines pfälzischen Dorfes am Rhein (2002) Seite 171,172
[20, 20a] Heimatbuch Neupotz 1985
gla