Pfarrgasse 6
Das erste Leimersheimer Schulhaus
In Leimersheim kennen wir drei frühere Schulhäuser, in denen die Kinder des Dorfes ehemals Unterricht erhielten, und die Kardinal-Wendel-Schule, in der jetzt die Grundschüler unterrichtet werden. An der Größe und Beschaffenheit dieser Gebäude ist zu erkennen, welcher Stellenwert der Schule jeweils zugemessen wurde. Im Competenzbuch des Jahres 1685 steht geschrieben: „Das Schulhaus ist nun wieder im guten Bau und es wird von der Collatur (Geistliche Güter-Administratur Heidelberg als Nachfolgerin der Propstei Hördt) gebauet".18 Außer der Nennung des damaligen Bauträgers besagt dies aber auch, daß schon wesentlich früher in unserem Dorf ein Schulhaus gebaut worden war und also eine Schule bestand. Im Competenzbuch 1699 jedoch ist zu lesen: „Daß Schulhauß belanget, welches in gutem Standt, ißt die Gemeindt zu stellen undt zu erhalten schuftig. "19 Demach hatte die Gemeinde inzwischen selbst für das Schulhaus zu sorgen. Dieses erste uns bekannte Schulhaus stand in der Pfarrgasse (Haus Nr.6) und steht dort noch heute, und zum Glück, außen nur wenig verändert.
In der kgl. Verordnung zur Organisation der Schulen im Königreich Bayern vom 20. August 1817 wurde befohlen, daß kein Schulgebäude gebaut oder wesentlich verändert werden darf, bevor nicht der Plan „auf Vorlage durch die Bezirksschulinspektion von der kgl. Regierung gutgeheißen ist." (Pschb) Der Bezirksschulinspektor berichtet Ende 1818 über die „Kath. Jugend-Unterrichtsanstalt" oder einfacher gesagt, über unsere Schule: „Die Schule mit 226 Kindern steht mit dem einen Raum in auffallendem Mißverhältnis. Es ist daher eine Erweiterung im kommenden Frühjahr notwendig, damit die Zöglinge nach Klassen und Geschlecht getrennt Unterricht erhalten." (Pschb)
Nach den damaligen Instruktionen sollten nicht mehr als 80 Kinder in einer Klasse sein! 1822 waren es hier sogar 270 Kinder, die sich in eine Klasse drängten.2° Die Regierung forderte die Gemeinde deshalb auf, bald ein neues Schulhaus zu bauen. Doch diese hatte dafür kein Geld und so dauerte es noch fast ein Jahzehnt bis ein größeres Haus für die Schule zur Verfügung stand.
Am 16. Februar 1830 wurde das Schulhaus in der Pfarrgasse an den damaligen Lehrer Joseph Stark für 1234 Gulden verkauft. (GRech 1830) Zuvor hatte die Gemeinde seit 1826 bei der Witwe Anna Becker in der Hirtengasse das Wohnzimmer gemietet und dort einen zweiten Schulsaal eingerichtet. 1827 wollte man ein neues Pfarrhaus bauen und das alte als Schulhaus verwenden.' Doch dann bot sich die Gelegenheit, das ehemalige Forsthaus, das im Besitz des kgl. Oberförsters Philipp Jakob Wolf war, neben dem Wirtshaus „Zum Bären" und gegenüber der Pfarrkirche gelegen, zu erwerben. Der kgl. Bezirksbauconducteur Dyck schreibt in seinem Gutachten vom 13. Juni 1828: „... es scheint der vom Eigentümer angesetzte Preiß von 5000 Gulden sei nicht übersetzt ... es kann angenommen werden, daß nach etwa sechzig Jahren das hölzerne Haus unbrauchbar wird und durch ein steinernes Haus ersetzt werden muß." Am 20. April 1829 wurde der Kaufvertrag beurkundet. Das Dorf hatte nun eine größere Schule. In dem zweistöckigen Gebäude konnten im Obergeschoß 2 Schulsäle und das Gemeindebüro und im Erdgeschoß die Wohnung des Lehrers eingerichtet werden. Die Kosten für den Umbau betrugen 2000 Gulden. (GA) In der Einfahrt befand sich ein offener Brunnen, an dem noch zwei Nachbarn Benutzerrechte hatten. Zur Sicherheit der Kinder wurde der Brunnen abgedeckt und ein Pumpenstock eingestellt. (GRech1838)
Quelle: Ernst Marthaler, Leimersheim - Die Geschichte eines pfälzischen Dorfes am Rhein (2002) Seite 275, 276
gla