Obere Hauptstraße
Die "Mihlbrigg" in der Oberen Hauptstraße
Die vor der Steinbrücke dort stehende Holzbrücke war für die Fuhrwerke, die aus dem Gebirge schwer beladen mit Weinfässern kamen und zur Fähre wollten, oft nicht stabil genug. Das Landkommissariat Germersheim verfügte deshalb im Jahre 1827, daß die Gemeinde die bessere Sicherheit der Brücke zu gewährleisten habe und hierfür etwas tun oder aber für das Abladen eines Teils der Güter vor dem Befahren der Brücke sorgen müsse. (GA ) Anfang 1828 wurde deshalb der Steinmetz Scheidt beauftragt, Pläne für eine Brücke aus Steinen zu fertigen. Das Bürgermeisteramt weist im Herbst des gleichen Jahres nochmals daraufhin, daß die Brücke baufällig sei und der Einsturz drohe. Weil in dieser Sache nichts voranging, wurde man von seiten der Gemeinde im Frühjahr 1829 erneut beim Landkommissär vorstellig. Jetzt endlich wurde das Holzverzeichnis für die Pfahlgründung und den Holzrost aufgestellt.
Die Gemeinde ließ nun das Holz fällen, das hierfür gebraucht wurde, damit im kommenden Frühjahr mit dem Bau begonnen werden konnte. Beim Bau der Steinbrücken legte man die Quader auf einen Holzrost aus starken Eichenstämmen, die das Fundament darstellten, da man die Herstellung von Beton noch nicht kannte.
Endlich lagen im Februar 1830 die Pläne vor. Jetzt aber erfuhr die Gemeinde, daß von seiten des Staates keine Zuschüsse zu erwarten sein werden. Außerdem wünschte plötzlich der Müller Emmerling eine Planänderung, was einen Aufschub und Mehrkosten bedeutete. Nach dem Kostenvoranschlag sollte die Brücke 3555 Gulden kosten. Der Mühlenbesitzer mußte die Mehrkosten von 342 Gulden übernehmen.
Nach fünf Jahren der Vorbereitung und des Wartens wird 1832 mit dem Bau der neuen Brücke begonnen. Sie wird von dem Rheinzaberner Bauunternehmer und Gastwirt Michael Schwindt gebaut. Das Ausheben der Baugrube für den Rost übernehmen Bauern aus Kuhardt und das Anfüllen der Fundamente Bauern aus Leimersheim. Um die Fundamente unterhalb der normalen Wasserlinie einbauen zu können, mußte währenddessen das Wasser des Baches mit der Hand geschöpft werden. Dafür arbeiteten 16 Taglöhner in 581 Tag- und Nachtschichten mit den Schöpfgefäßen. Sie erhielten insgesamt 285 Gulden Lohn. Da die Wasserschöpfer immer an der Baustelle sein mußten, wurde für sie dort eine Bretterhütte aufgestellt. Im Laufe des Jahres hatte die Gemeinde eine gebrauchte Wasserpumpe gekauft. Doch diese funktionierte erst nach zahlreichen Reparaturen. (GRech 1831/32, Bel. 319 f.)
Aus der Baubeschreibung des Projekts: „... Die Brückenöffnung durchschneidet ... die Straße in einem Winkel von 57°, wodurch die vorteilhafteste Richtung nach dem Lauf des Baches erzielt wird. Die Brücke hat eine Weite von 3 Meter bei einer Höhe von 2,5 Meter, damit die Pferde darunter durch in das Bassin oberhalb derselben zum Schwemmen geritten werden können. Das Gewölbe ist ein recht-winklicher Durchschnitt auf die Achse desselben ein Halbkreis von 1,3 Meter Radius ... Auf der unteren Seite führen gepflasterte Abfahrten zum Bache hinab, theils um dieTiere zu tränken, theils um bei vorkommender Feuersbrunst die Wasserfässer füllen zu können. Die Fahrbahn der Brücke ist 4 Meter breit, die übrigen 4 Meter nehmen die Trottoirs von je 1 Meter Breite, die Rinnen und die Brüstungen mit je 0,50 m ein. Die Straße hat somit eine Fahrbahn von insgesamt 5 Meter Breite." (GRech 1833 Be1.228 ff)
Pfarrer Labbe schrieb ins Pfarrbuch (5.15): „Die im 2ten Dezennium des 19ten Jahrhunderts unter der Verwaltung des damaligen Bürgermeisters Horn fertiggestellte Straßendecke von der Rheinüberfahrt durch Leimersheim nach Kuhardt und ihre Verlängerung bis zur Banngrenze von Rülzheim, ferner die Erbauung der schönen steinernen Dorfbrücke über die (den) Erlenbach im Jahre 1831/32, die Errichtung des Dorfpflasters im Jahr 1833 sowie die Herstellung der ,Communikationsstraße' von Leimersheim nach Neupfotz im Jahre 1837 haben den Verkehr und die Rheinüberfahrt außerordentlich belebt, das Dorf aber ungemein verschönert und, um das Ganze zu vollenden, bedarf es nur noch der projektierten und aufs Jahr auszuführenden steinernen Brücke über das Altwasser unterm Dorfe... "(Pb)
Im Jahre 1953 wurde durch das Straßenbauamt Speyer auf Kosten des Landes Rheinland-Pfalz die Brücke im Oberdorf erneuert und sie der Fahrbahnbreite der Ortsdurchfahrt angepaßt. Die alten Brückensteine sind unverändert erhalten geblieben. Der helle Sandstein zeigt die Schleifspuren, die dort Generationen von Waldarbeitern, Holzschuhmachern, Bauern und andere beim Schleifen ihrer Äxte, Beile, Messer und sonstiger Werkzeuge hinterlassen haben. In unserer Zeit schmücken im Sommer Kästen mit blühenden Blumen die Brückensteine.
Text: Ernst Marthaler
Quelle: Ernst Marthaler, Ortschronik "Leimersheim - Die Geschichte eines Dorfes am Rhein" (2002)
Fotografien: Fotosammlung der Ortsgemeinde Leimersheim
gla/red