Ziegelsteine und Dachziegeln werden schon immer aus Lehm geformt. Nach der Trocknung kommen sie in eine Brennkammer und werden durch Hitze gehärtet. Sie waren und sind heute noch das wichtigste Material für den Bau der Wohnhäuser auf dem Lande. Obwohl schon die Römer in den ersten Jahrhunderten n. Chr. diese Bauweise in unsere Region brachten und in unmittelbarer Nachbarschaft, in Rheinzabern, lange Zeit eine bedeutende römische Ziegel- und Töpferkolonie bestanden hatte, wurden die Häuser in unserer Region nach der Römerzeit wieder mit Holz und Lehm gebaut. Erst als die Stroh- und Schilfdächer wegen der Brandgefahr verboten wurden, hat man die Dächer mit Ziegeln eingedeckt. Das Fehlen von Ziegeleien in der näheren Umgebung und der teure Transport von weither, werden die Gründe gewesen sein, warum man die Ziegel so spät für die Dacheindeckung verwendete.
Bevor hier eine Ziegelei errichtet wurde, haben Leimersheimer in kleinen Feldbrennöfen Backsteine aus Lehm gebrannt. Bereits 1877 hat sich Georg Jakob Kuhn als Backsteinbrenner bezeichnet. Es waren in der Regel Maurer, die diese Produktion im Einmannbetrieb versuchten. Die Stückzahlen waren natürlich sehr begrenzt. Sie hatten ihre Ofen im Unterfeld, also nördlich des Ortes, angelegt. Das hatte den Vorteil, daß sie in der Nähe des Lehms standen, der dort dicht unter der Ackerkrume lagert. Außerdem sollte sich der Rauch, der unaufhörlich aus den qualmenden Öfen hervorquoll, bei dem meist herrschenden „Owwerwind" (Süd- und Westwind) nicht über die Häuser im nahen Dorf ausbreiten. Auch der Maurermeister Theodor Geisert wollte in der Gewanne „Zwischen Aubusch" einen solchen Brennofen betreiben. Im Gemeinderat wurden Bedenken wegen der dabei ausströmenden Kohlengase geäußert. Es wurden Schutzvorkehrungen gefordert, weil der Ofen relativ nahe beim Ort stehen würde. (GR 14.4.1898)
In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts wurde begonnen, in unserer Gemarkung verstärkt nach Lehm zu graben. Von auswärtigen Zieglern wurde eine Firma gegründet, die eine Ziegelei am Ende des Ortes zum Rhein hin errichten sollte. Am 18. Oktober 1898 beschloß der Gemeinderat, an die Ziegeleibesitzer Jakob Hook und Philipp Hornig aus Altrip Gelände aus der gemeindeeigenen Gewanne „Weide" für 3000 Mark zu verkaufen. Außerdem erhielt der Max Neck, Ziegeleibesitzer aus Eggenstein, in der selben Gewanne eine gleichgroße Fläche zum gleichen Preis. Die Gemeinde aber behielt sich für den Fall, daß eine der Firmen pleite gehen würde, das Vorkaufsrecht für das gesamte Gelände, einschließlich der darauf stehenden Gebäude vor. In den verkauften Flächen durfte allerdings nicht nach Lehm gegraben werden. Wie richtig dieser Vorbehalt war, zeigte sich einige Jahrzehnte später. Die ganze Gemeinde hatte gehofft, daß es in der Ziegelei Arbeit für die Männer des Dorfes auf Dauer geben werde und dadurch einen wirtschaftlichen Aufschwung für die Gemeinde.
Die Ziegelei wurde an der Straße zum Rhein gebaut und fabrizierte einige Jahre vornehmlich Backsteine. Während fast drei Jahrzehnten hatten die Männer aus dem Dorf eine ortsnahe, wenn auch schwere Arbeit. Es wurden Lehmstecher, Mischer, Former und Brenner gebraucht. Vor allem auf die Brenner kam es an, ob es gelang, aus dem rohen Material in der Brennkammer gute Backsteine und Ziegeln werden zu lassen. Sie mußten das Feuer kontrollieren und die Temperatur stets gleichmäßig über mehrere Tage auf etwa 1000 Grad halten. Damals gab es nur die einfache, flache Ziegel, die man schon seit Jahrhunderten kannte und „Biberschwanz" nannte. Der Lehm wurde in verschiedenen Gewannen im Unterfeld gegraben. Bald nach Beginn der Fabrikation ist eine Feldbahn verlegt worden. Pferde zogen die Kippwagen von der Lehmgrube in den Herrenstücken zur Ziegelei. (GR 1.2.1899) Der Transportweg mußte 1913 bis in den „Horst" verlängert werden. Von nun an hat ein Dampflokomobil die mit Lehm beladenen Loren gezogen. Die Backsteine und Ziegel wurden meistens an den Rhein transportiert und dort auf Schiffe verladen.
Die von dem Ziegler Neck erworbenen Flächen hat die Nachfolgefirma bald wieder zurück-gegeben, weil der Betrieb nach kurzer Zeit eingestellt werden mußte. Dagegen baute die Firma Hook und Hornig auf dem Firmengelände ein Wohnhaus, in dem auch eine Kantine für die Arbeiter vorgesehen war. Der Gemeinderat gab seine Zustimmung, weil er dafür ein Bedürfnis sah. Die Kantine wurde von Georg Heinrich Hornig und seiner Frau fortgeführt, als auch diese Firma 1911 auf einen anderen Besitzer überging. Schließlich übernahm 1913 der neue Verwalter Johannes Becker die Kantine.
Nach einigen Jahren mehren sich die Bedenken gegen weitere Ausgrabungen in der Gemarkung. Da die taugliche Tonerde nur in einer Lage von 40 bis 100 cm Tiefe ausgebeutet werden konnte, ist der Flächenverbrauch ungewöhnlich groß. Im Laufe der Jahre sind große landwirtschaftlich nutzbare Flächen ausgegraben worden, die dann zu Wasserflächen oder Ödland wurden. Im Gemeinderat werden Befürchtungen laut, daß „mit dem Verlust der Grundstücke späteren Generationen die Existenz genommen werde und Leimersheim mit Sicherheit seinem Ruin entgegengehe ..." (GR 3.11.1911) Ein erneuter Wechsel in der Betriebsführung bringt 1912 den Franz Xaver Schmitt in den Besitz der Ziegelei. Er beginnt nun sogar, in der Gewanne Weide zu graben, und gerät deswegen mit der Gemeinde in Streit. Zunehmend werden Sorgen dahingehend geäußert, daß die weitergehenden Grabungen, vor allem die Wegnahme der Lehmschichten, das Eindringen des Druckwassers vom Rhein her erleichtern könnte und die Einwohnerschaft vor solchen Gefahren bewahrt werden müßte. (GA)
Wer heute diesen Beschluß liest, dem drängen sich weitaus größere Sorgen auf wegen der ungehemmten Kiesausbeute und der damit verbundenen Gefahren in der Zukunft. Die Gemeinde ist gut beraten, hiergegen alles zu unternehmen, um das Dorf und seine Bewohner zu schützen und vor Schaden zu bewahren.
Auch der Inhaber Schmitt konnte die Ziegelei nicht halten. Sie ging 1927 an die Firma Feibelmann E. & Sohn GmbH in Landau über. Doch die neuen Besitzer führten den Betrieb nicht weiter, sondern gaben das Gelände größtenteils an die Gemeinde zurück. Die Gebäude der Ziegelei wurden abgebrochen oder gingen in Privatbesitz über. Die Maschinenhalle erwarb der Brennereibesitzer Friedrich Liebel, der darin eine Fabrik für die Verarbeitung von Brauereischlämmen einrichtete. Dieses Gebäude ist erst vor einigen Jahren abgebrochen worden, um dort Platz für ein neues Wohnhaus zu schaffen. Drei weitere Häuser der früheren Ziegelei stehen noch in der Rheinstraße. Eines davon war lange Zeit ein Bauernhof und ist jetzt, wie die beiden anderen, ein Wohnhaus.
Quelle: Ernst Marthaler, Leimersheim Die Geschichte eines pfälzischen Dorfes am Rhein (2002) Seiten 499-501
GR 3.11.1911 – Gemeinderatsprotokoll vom 03.11.1911