Schuhmacher

Die Schuhmacher
Seit wann es in unserem Dorf einen Schuhmacher gab, weiß man nicht. Wenn auch Leder­schuhe zur Zeit der Ansiedlung sicherlich ein unerhörter Luxus für den Landmann waren, so haben zumindest die Männer bei der Landarbeit, aber vermutlich auch auf der Jagd, schon da­mals eine schuhähnliche Fußbekleidung getragen. Frauen und Kinder gingen sicherlich im Sommer barfuß. Im Winter aber trugen sie Holzschuhe oder selbstgefertigte Galoschen. Wir wissen aber, daß es schon im 19. Jahrhundert mehrere Schuhmacher in unserem Dorfe gab. Schuhgeschäfte waren in jener Zeit nicht in den Dörfern zu finden. Sie kamen erst später und zuerst in den Städten.
Wer neue Schuhe nötig hatte und sich solche leisten konnte, der ging zum Schuhmacher und ließ sich welche anpassen und anfertigen. Es begann mit dem Zuschneiden des Oberleders, das mit einem scharfen Messer auf einem Schneidebrett aus glattem Lindenholz geschah. Nach dem Zusammennähen des Vorder- und Hinterteils sowie des Futters wurde die Brandsohle angeheftet und dann der Schaft mit Hilfe einer Falzzange über den Leisten gespannt. Nun wurde die Laufsohle an die Brandsohle angenäht, dies war ein „Durchnähen". Abschließend wurde noch der Absatz an der Brand- und Laufsohle befestigt. Es dauerte ziemlich lange, bis das Paar Schuhe fertig war, und es waren dafür in vielen Arbeitsstunden ungezählte Handgriffe notwendig.
Anfangs hatte der Handwerker nur wenige Werkzeuge: Den Schusterhammer, die Ahle und eine starke Nadel zum Nähen des Leders. Oft sah man den Schuster auf seinem Schemel sitzen und auf seinen Knien lag ein großer Kiesel­stein. Auf diesem klopfte er das gewässerte Leder weich. In seiner Werkstatt roch es immer nach gegerbtem Leder und nach Leim, mit dem die Sohlen aufgeklebt wurden, bevor er sie mit Holz- oder Metallnägeln festgenagelt hat. (Eigene Erfahrung und Erlebnisse) Später erleichterten die Nähmaschine und die Klebepresse dem Schuhmacher die Arbeit und beschleunigten sie wesentlich.
Als sich nicht nur in den Städten, sondern auch im Dorf die Schuhläden etablierten, wurden die neuen Schuhe dort ge­kauft und nicht mehr beim Schuhmacher bestellt. Ihm blie­ben von nun an nur die Flickarbeiten. Doch Reparaturen gab es reichlich, denn in früherer Zeit wurden die durch­gelaufenen Schuhe nicht in den Müll geworfen, wie dies heute üblich ist, sondern zum Schuster gebracht, der sie wieder besohlte, nähte, den Absatz erneuerte, einfach die Schuhe ‚Aufpolierte". Am Samstagabend brachte der Lehrjunge die reparierten Schuhe zu den Kunden, wo er den Lohn für den Meister kassierte und er selbst ein kleines Trinkgeld bekam.
Nach dem 2. Weltkrieg lernten noch einige junge Männer diesen Beruf. Doch schon einige Jahre später war es mit diesem dörflichen Handwerk zu Ende.
1877 gab es in Leimersheim 7 Schuhmacher, 1952 noch drei: Peter Geiger, Eugen Heintz und Simon Schardt, der zuletzt in der Hirtengasse seine Werkstatt hatte. Peter Geiger betrieb auch einen Schuhladen, der von seiner Tochter Gertrud noch einige Jahre fortgeführt worden ist. In der Schloßgasse verkaufte Johanna Petzold Schuhe und Hüte. Beide Läden bestehen schon lange nicht mehr. Heute führt nur noch ein Rentner, der dieses Handwerk früher einmal erlernt hat, Schuhreparaturen im Ort aus. Mehrmals im Jahr kommt ein mobiler Schuhladen ins Dorf. Der Verkäufer bietet auf dem Kerweplatz sein Sortiment an.

Quelle: Ernst Marthaler, Leimersheim - Die Geschichte eines pfälzischen Dorfes am Rhein (2002) Seite 493 - 494
gla

Personen

Leibel Phillip
Behr Karl
Geisert Karl
Pfadt Friedrich
Ochsenreither August
Marthaler Eduard
Geisert Emil
Kuhn Johannes
Geiger Peter
Geiger Friedrich Peter

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