Brot haben die Menschen gebacken, seit sie mit Feuer umzugehen gelernt hatten. Schon der steinzeitliche Mensch im europäischen Raum hatte sich vor Zehntausenden von Jahren sein Brot in Fladenform zubereitet.' Das Bäckergewerbe und mit ihm die verfeinerte Backkunst haben allerdings erst die Römer und dann die mittelalterlichen Klöster zu uns gebracht. Das „tägliche Brot" wurde früher bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts von jeder Bauersfrau im Dorf selbst gebacken. Später hat sie dann nur den Teig zubereitet, das Backen aber einer der Bäckereien überlassen. Zuvor hatte fast jede Familie ihren eigenen Backofen, der meist an die Außenwand der Küche angebaut war und von dort aus beschickt werden konnte. Die bäuerliche Bevölkerung war in jener Zeit Selbstversorger. Da ist es schon erstaunlich, daß es in einem Dorf wie dem unsrigen dennoch verhältnismäßig viele Bäckereien gab. Und die Bäcker lebten ganz gut von dem Einkommen aus ihrem Gewerbe. Dieser Berufsstand gehörte schon immer zu den wirtschaftlich und sozial Bessergestellten. Ein Leimersheimer Bäcker ist im 19. Jahrhundert zum reichsten Mann im Dorf geworden. Es ist von den Alten überliefert, daß er in den damaligen Hungerjahren das „tägliche Brot" gegen Grundstücke verkaufte. Auch soll er, weil er das erforderliche Kapital hatte, vielen Auswanderern das für die Überfahrt notwendige Bargeld gegeben haben, wenn sie ihm dafür Acker und Wiesen übereigneten. So kam die Familie zu großem Grundbesitz. Hundert Jahre später aber wechselten alle diese Grundstücke wieder ihren Besitzer.
Vor dem Anbau der Kartoffel waren Brot und Mehlspeisen die Hauptnahrung. Bei Mißernten kam es deshalb sehr schnell zu Hungersnöten. Die Bäcker konnten sich das durch Verteuerung des Brotes zu Nutze machen. Dies wiederum rief die Staatsgewalt auf den Plan, die verschärfte Kontrollen und Strafen androhte. Durch die Minderung des Gewichtes versuchten andere sich ebenfalls einen Mehrerlös zu verschaffen. Die früher behördlich festgelegten Brottaxen haben sich lange erhalten, wenn sie auch stetig angestiegen sind. Die kurfürstliche Regierung erließ am 28. September 1779 eine Back-Ordnung, in der bestimmt wurde: (Anmerkung: Text zum besseren Verständnis etwas geändert) „Zur Erzielung einer billigen Brod-Taxe ... wird folgende Verordnung erlassen: Wegen der Klagen des Publikums gegen die Bäcker, daß entweder unter den Beischlägen oder der Ausrechnungsart verborgene Mängel wären, wodurch den Bäckern ein übermäßiger Gewinn, der Bevölkerung hingegen, an der ersteren Gattung menschlicher Lebensnahrung Schaden zustöße, wird ... bis zur gleichmäßigen Errichtung einer Mühlenordnung beschlossen und verordnet: 1. Das tax-mäßige Gebäck theilt sich bloß in schwarzes, gemischtes und weißes. Das schwarze Gebäck besteht nur in dem sogenannten unabänderlich 4 Pfund wiegen müssenden Kundenbrod, dessen Bäcker aus jedem Malter 42 Laib oder 168 Pfund leicht Gewicht zu liefern schuldig ist, wozu er aber nur den vierten Theil vom guten Kernen-Mehl beimischen darf, das übrige aber solle aus gehörig ausgemahlenem, mit anderer Gattung, besonders Gersten-Boll oder Nachmehl, nicht vermengtem Kornmehl bestehen, um solchergestalten das Publikum jederzeit mit einem schmuck- und nahrhaften und gehörig gesalzenen und wohl ausgebackenen Kunden-Brod zu versehen. 2. jeder neu hinzukommende Bäcker muß neben dem gewöhnlichen Meisterstück nachweisen, daß er Kunden-Brod backen kann, das im Verhältnis von 3 Pfund Mehl zu 4 Pfund Brod ergibt. Erst dann soll er Bürger- und Zunftschein erhalten ..." Ähnliche Vorschriften enthält die Verordnung auch über das Mischbrot. Über das „weiße Gebäck" wird befunden: „Das weiße Gebäck besteht aus Ein-Kreuzer-Lucken, Paar-Weck, Wasser-Brödlein und Milch-Brödlein." Und abschließend wird angedroht, daß „wahrzunehmende Übertretungen auf der Stelle mit empfindlicher Strafe zu belegen sind und gröbere Vergehen angezeigt werden müssen, aber auch jene Bäcker gleichfalls zur Ahndung zu ziehen sind, die diese ... Verordnung unanständig zu tadeln oder solcher boshaft widersprechen sich unterfangen."
Trotzdem mußte das Landkommissariat am 5. August 1844 dem Bürgermeister den Bescheid erteilen: „Es ist zur Anzeige gekommen, daß die dortigen Bäcker nicht nur sehr schlechtes Brot liefern, sondern auch beliebige und zwar sehr hohe Preise sich dafür bezahlen lassen. Da durch diese Mißstände vorzugsweise die ärmere Klasse sehr hart betroffen wird und von der polizeilichen Controlle (Anm: auf Gemeindeebene) keine Abhilfe zu erwarten steht, weil der Adjunkt Ulrich selbst Bäcker ist, wird das Bürgermeisteramt beauftragt, durch einen zu fassenden ,Localpolizeibeschluß' die Brod-Taxe von Germers-heim auch in der dortigen Gemeinde einzuführen und darin zu fordern, daß das Brod von guter Qualität und gut ausgebacken seyn müsse." Das Bürgermeisteramt kam dieser Forderung schon am 24. August 1844 nach.
Am Ende des 19. Jahrhunderts gab es in unserem Dorf 4 Bäckereien: Ulrich Johann Philipp, der gleichzeitig Mehlhändler war, Kraus Josef, Serr Georg Jakob und Ulrich Johann. 1910 hatte sich die Anzahl nicht verändert, aber die Inhaber der Bäckereien haben gewechselt: Fischer Eugen, Behr Moses, Schwab Adolf und Emling Adolf. Es gab 1952 im Dorf folgende Bäckereien: Colling Karl, Müller Franz, Schaaf Friedrich (später Paul und jetzt Walter Schaaf), Deubig Eduard und Schwab Ernst, später Schwab Otmar. Derzeit gibt es im Dorf 2 Bäckereien und 2 Verkaufsstellen für Backwaren.
Quelle: Ernst Marthaler, Leimersheim - Die Geschichte eines pfälzischen Dorfes am Rhein (2002) Seite 468 ff
gla